Das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürger stets im Blick Ein Nachruf von Dr. Albert Schmidbauer
Man will es nicht wahrhaben: 35 Stunden bevor plötzlich sein Herz stillstand, saßen wir mit Anton noch in fröhlicher Runde zusammen. Gerade war die Jahresversammlung der Freien Wählergruppe Hagelstadt im Gasthaus Limmer zu Ende gegangen und Toni gab anlässlich seines 75. Geburtstags (am 18. Januar) eine Lokalrunde aus. Wir ließen den Abend gut gelaunt ausklingen. Davor diskutierte Toni mit den anwesenden Mitgliedern der Freien Wählergruppe, so wie wir ihn seit jeher kannten: Kritisch, sachkundig und engagiert sprach er einige gemeindepolitische Themen an, die sich derzeit stellen und die ihn beschäftigten. Keine Spur von Schwäche oder Resignation, im Gegenteil.
Als sich Anton Haimerl damals am 16.2.1984, gerade 36 Jahre alt geworden, als Bewerber für das Amt des Bürgermeisters aufstellen ließ – als „Verlegenheitskandidat“, wie er es bezeichnete –, wusste er nicht, wie dies sein Leben, seine Zukunft und die Zukunft seiner Familie verändern würde. Dass er zum ersten Bürgermeister gewählt werden würde, er-schien damals nicht sehr wahrscheinlich. Die Wucht der Aufgaben, die dieses Amt mit sich bringen sollte, konnte er nicht einschätzen und kaum erahnen.
Doch am 18.3.1984 wurde er mit knapper Mehrheit zum Bürgermeister von Hagelstadt gewählt und mit ihm zogen 5 Bewerber der Freien Wählergruppe in den damals wie heute aus 13 Mitgliedern bestehenden Gemeinderat.
Anton Haimerl packte den Stier bei den Hörnern: Mit sehr viel Fleiß und Verantwortungsgefühl für „seine“ Gemeinde stürzte er sich in die Arbeit. Die Gemeinde war infolge des Neubaus der Mehrzweckhalle und der damaligen Erweiterung der Grundschule hoch verschuldet. Doch es gelang ihm durch eine Neufassung der Abwassersatzungen, „vergessene“ Beiträge in Höhe von fast einer halben Million DM von den mittlerweile neuen Eigentümern des Deplaz-Geländes einzutreiben. Damit und mit sparsamer Haushaltsführung konnte er schon in seiner ersten Wahlperiode die Schuldenlast deutlich verringern. Man machte es ihm anfangs nicht leicht: Die damalige Opposition im Gemeinderat legte ihm viele Steine in den Weg und die altgedienten Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft Alteglofsheim, zu der Hagelstadt damals noch gehört hat, beäugten ihren jungen Kollegen aus Hagelstadt argwöhnisch. Es dauerte ein paar Jahre, bis man in der Verwaltungsgemeinschaft, im Landratsamt und teilweise sogar bei der Opposition im Gemeinderat Hagelstadt erkannte, dass hier ein junger Bürgermeister mit guten Ideen, überzeugenden Argumenten, viel Fleiß und ehrlicher Politik zugange war. Für das Wohl seiner Gemeinde ging er keinem Konflikt aus dem Wege und er hatte Erfolg. Im März 1990 wurde er mit großer Mehrheit wiedergewählt und die Freie Wählergruppe errang sogar die absolute Mehrheit im Gemeinderat. Trotz mancher Widerstände schaffte er die Entlassung der Gemeinde aus der Verwaltungsgemeinschaft Alteglofsheim mit Wirkung zum 1.1.1994. Mit viel Geschick und Einsatz baute er sodann eine eigene, schlanke, durchrationalisierte und EDV-gestützte Verwaltung auf, in der er stets selbst engagiert und sachkundig mitgearbeitet hat.
In dieser Zeit standen viele wichtige Entscheidungen an: Das Landratsamt bzw. das Wasserwirtschaftsamt forderte die alsbaldige Kanalisierung von Gailsbach und Langenerling. Sie drängten auf den Bau einer Mischkanalisation mit Ableitung nach Mintraching. Dagegen wehrte sich Anton Haimerl hartnäckig und setzte schließlich das modernere und kostengünstigere Trennsystem mit Vakuumleitungen in die Hagel-städter Kläranlage durch. Heute ist das überall Standard! Auch den späteren Bestrebungen, die eigene, veraltete Kläranlage stillzulegen und das Abwasser nach Mintraching zu pumpen, widersetzte er sich erfolgreich. Mit erstaunlich niedrigem Kostenaufwand gelang ihm die Errichtung eines modernen eigenen Klärwerks, dass seit 2013 unser Abwasser umweltgerecht reinigt.
Lange bevor Ökologie in aller Munde war, kümmerte er sich um die Verbesserung der Gewässerqualität, betrieb die Renaturierung des Langenerlinger Baches und setzte sich leidenschaftlich für den Hochwasserschutz in Hagelstadt, Langenerling und Gailsbach ein. Er förderte die Anlage von Biotopen und kämpfte gegen überregional geplante Mülldeponien in unserer Flur. Er sorgte für mehr Grün in den Dörfern und verbesserte den Naherholungswert unserer Landschaft. Ein besonderer Schachzug gelang mit der Ausweisung des Baugebiets Sattlerholz. Nach einer Idee und einem wirtschaftlichen Konzept des damaligen Gemeinderats und Bauingenieurs Josef Berleb wurde das ehemalige Deplaz-Gelände freigelegt, saniert und einer sinnvollen Nutzung zugeführt.
Eine Herzensangelegenheit war ihm die Dorferneuerung Gailsbach, die er initiiert und tat-kräftig gefördert hat. In allen 3 Dörfer stärkte er die Feuerwehren und sorgte für den Bau von Feuerwehrhäusern. Er betrieb den Neubau des Kindergartens und der Ortsbücherei, später der Kinder-krippe. Er kümmerte sich um die Ansiedlung von Arzt und Zahnarzt in Hagelstadt. Wichtig war ihm auch der Aufbau eines Gemeindearchivs – und vieles, vieles mehr. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass er am 1. Mai 2014 dem neuen Bürgermeister die Gemeinde nicht nur schuldenfrei, sondern mit 2 Millionen € auf dem Konto für die zukünftigen Investitionen übergeben konnte. Das war das Ergebnis der sparsamen Haushaltspolitik, die ihm stets ein Anliegen war. Anton Haimerl hat in den 30 Jahren als Bürgermeister unsere Gemeinde mit ihren 3 Dörfern nachhaltig geprägt, den Wohnwert erheblich gesteigert und die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft gelegt. Mit seinem untrüglichen politischen Gespür und seiner Weitsicht hat er die Zeichen der Zeit meist viel früher als andere erkannt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Oft wusste er lange, bevor andere es verstanden haben, was für Hagelstadt notwendig und gut ist.
So hatte er bald nach seiner 4.Wiederwahl im März 2008 erkannt, dass unsere Grundschule nicht nur energetisch saniert werden musste, sondern nur dann zukunftsfähig sein würde, wenn das ganze Schulgebäude für Schulzwecke zur Verfügung gestellt wird. Also musste für die Verwaltung der Gemeinde, die damals im Dachgeschoss, gewissermaßen provisorisch untergebracht war, eine andere Lösung gefunden werden. Dafür schien ihm das Bahnhofsgebäude gut geeignet, das bereits seit längerem im Eigentum der Gemeinde stand. Und so setzte er sich für dessen Sanierung und Ausbau als Verwaltungsgebäude ein.
Es ist heute kaum mehr nachvollziehbar, dass die damalige (CSU-) Opposition im Gemeinderat, einschließlich der beiden Langenerlinger Vertreter geglaubt haben, die Gemeindeverwaltung könnte weiter im Dachgeschoss des Schulgebäudes untergebracht bleiben. Sie bekämpften das Vorhaben des Bürgermeisters heftig und unterstützten ein Bürgerbegehren gegen die Sanierung des Bahnhofsgebäudes. Doch Bürgermeister Haimerl setzte seine Vorstellungen mit seiner Stimme, seiner Fraktion und dem Gailsbacher GR Hans Rosenbeck durch (GR-Beschluss vom 9.2.2012, 8:7 Stimmen). Das Bürgerbegehren wurde vom Verwaltungsgericht Regensburg am 7.10.2012 für rechtswidrig und unzulässig erklärt.
Der Widerstand und das Bürgerbegehren führten trotzdem zu Verzögerungen und Bürger-meister Haimerl musste die Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses seinen Nachfolgern überlassen. Doch die Weichen für die Zukunft waren richtig gestellt.
Hagelstadt hat seinem Altbürgermeister Anton Haimerl, seiner Weitsicht, seiner Zielstrebigkeit und seinem Durchsetzungsvermögen viel zu verdanken.
Mehr noch, als seine gemeindepolitische Vernunft und sein Talent habe ich persönlich sei-nen Gerechtigkeitssinn und seine Fähigkeit bewundert, auch komplexe, rechtliche Fragen und Zusammenhänge meist richtig erfassen und beurteilen zu können, noch bevor eine juristische Bewertung vorlag. Diese Fähigkeit möchte man jedem Bürgermeister und so manchem Verwaltungsbeamten wünschen.
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